Architekturtanz
Hinterlasse einen Kommentar2014/07/18 von Jörn
Rust in Peace
Uyuni diente als Eisenbahnknoten, als Drehscheibe welche die Mienen Boliviens mit der Welt jenseits des Pazifiks verband. Doch die Mienen sind nun seit 80 Jahren Geschichte und mit ihrem Kollaps verfällt auch Bedeutung der Wüsten-Bahn. Lediglich drei Personen- und ein Güterzug verkehren hier heutzutage noch – pro Woche. Die stählernen Überreste der goldenen Zeiten wurden daher ausgemustert und dem Zahn der Zeit überlassen.
Alle kupfernen Teile sind schon lange entfernt, aber da es in Bolivien kein Stahlwerk gibt was die Eisen-Trümmer verarbeiten könnte müssen die einst stolzen Dampfmaschinen nun wohl noch ein paar Jahrzehnte am Rand von Uyuni ausharren bis Sonne, Wind und Wasser sie endgültig abgetragen haben. Sämtliche Jeep-Touren starten, ganz oberschlau, täglich zur gleichen Zeit von Uyuni und ereichen daher auch alle zeitgleich um 1100 Uhr morgens den Zugfriedhof… nur eine Stunde später hat man die melancholischen Eisensklette wieder ganz für sich alleine.
Into the White
Der Salar de Uyuni ist mit ca 12.000qm der größte Salzsee der Erde. Während der Regenzeit dient seine wasserbestandene Oberfläche der Kalibrierung von Satelliten. Das Salz ist zwischen 40 und 600 cm dick und schwimmt auf einer gesättigten Salzlauge. Es gibt Süßwasserquellen mitten im Salar. Die Hexagone entstehen durch den extremen Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht. Die Kakteen auf der Fischinsel wachsen nur etwa 1cm pro Jahr, manche sind bis zu10 m hoch. Fast alle Salzhotels stehen am Ufer außerhalb des Salars, das einzige in der „Mitte“ auf einer nicht mal 20 cm hohen „Insel“. Die Häuser sind tatsächlich aus Salz. Die Salz“ziegel“ werden einfach aus dem Boden ausgesägt, das verbleibende Loch ist bereits eine Woche später wieder gefüllt.
Man sieht immer irgendwo Berge am Horizont, diese sind aber eventuell 120 Km weit weg. Man kann minutenlang Vollgas fahren ohne dass sich die Umgebung sichtbar verändert. Wer dabei die Augen länger als 15 Sekunden geschlossen halten kann ist ziemlich abgebrüht. Der Klimawandel bringt immer mehr Frühjahrsstürme, die massiv Staub auf den Salar aufbringen. Das weiße Gold ist daher meist mit braunem Sand bedeckt; der Himmel ist jedoch immer noch absurd blau. Die Nächte sind stockfinster und sternenklar, aber bitterkalt und wahnsinnig windig.
Bitte entschuldigt an dieser Stelle die rüde Aufzählung von Fakten, aber der Versuch über den Salar zu schreiben ist etwa so wie der Versuch über Architektur zu tanzen. Fahrt hin und schaut selbst (oder betrachtet wenigstens unsere Bilder unter https://moppedrun.wordpress.com/aussichten/bolivien )